Stensböle

DAS STAMMHAUS DER FAMILIE ROTKIRCH IN FINNLAND : STENSBÖLE

von Anders Allardt (gekürzte Übersetzung eines Aufsatzes in schwedischer Sprache o.J.)

Stensböle, am gleichnamigen Fjord – 5 km von Borg entfernt -gelegen, machte früher seinem Namen alle Ehre. Überall trafen die Neubauern auf steinigen Boden. Die Erde zwischen den Steinhügeln war aber sehr fruchtbar und lohnte die Mühe. Feuchtwiesen wurden trockengelegt, es wurde gerodet – jahrhundertelang – und viele kleine Grundstücke entstanden.

Der Hof ist alt. Er wird schon 1327 erwähnt, hat oft den Besitzer gewechselt und scheint für längere Zeit im Besitz der Domkirche Abo gewesen zu sein. Im Lauf des 16. Jahrhunderts herrschte trotz des Einschreitens der Könige Gustav Wasa und Johan III. fast ein Menschenalter lang ein Erbstreit um den Hof. Der jahrzehntelange Streit verdeutlicht die Langwierigkeit damaliger Gerichtsverhandlungen in einer Zeit, in der ein eigenmächtiger Adel das Sagen hatte. – Besitzer Stensböles im 17. Jahrhundert waren Offiziere und Richter. Diese besaßen oft, meist durch Heirat, mehrere Höfe und Güter. In dieser Zeit wurde Stensböle erweitert und ausgebaut.

Durch Barbro Christina Hästesko-Fortuna, eine Erbin des Hofes, und ihre Vermählung mit dem Hauptmann Johan Wenzel Rotkirch (II.130), kam Stensböle 1721 in Besitz des uralten, aus Deutschland stammenden adligen Geschlechts, in dem es fast zweihundert Jahre bis 1927 blieb. Johan Wenzel war, infolge einer Verwundung der rechten Schulter in der Schlacht von Fredrikshall, gezwungen, seine militärische Laufbahn zu beenden. So konnte er sich mit seiner jungen Frau nun dem Wiederaufbau des 1708 bei der Landung einer zaristischen Heeresabteilung zerstörten Stensböle widmen; überall Verfall und Verwüstung, die in harter Arbeit mehr und mehr beseitigt wurden.

Als Johan Wenzel 1758 im Alter von 59 Jahren starb, trat sein Sohn Wenzel Fredrik (11.186) das Erbe an, unterstützt von seiner Mutter Barbro Christina, einer arbeitsamen, begabten Frau, die weit und breit auch durch ihre Heilkunst bekannt war.

Wenzel Fredrik bewirtschaftete den Besitz mit viel Energie und großem Fleiß erfolgreich. Vieles, wie z.B. der von ihm eingeführte Kartoffelanbau, der auch bei der Bevölkerung ein positives Echo fand, oder die Anlage eines bald berühmten Gartens mit 200 Obstbäumen, führte dazu, daß der früher gänzlich verschuldete Hof in kurzer Zeit zu zwei Drittel schuldenfrei war. – Mit voller Zustimmung seiner Brüder beantragte Wenzel Fredrik die Umwandlung Stensböles und der zugehörigen Grundstücke in ein Fideikommiß. Die königliche Bestätigung erfolgt am 24. Februar 1786. Zum Fideikommiß Stensböle gehörten mehrere steuerfreie Höfe, einschließlich der Hälfte vom Herrenhof Herrbacka.

1793 ließ Major Wenzel Fredrik Rotkirch gemeinsam mit Bischof Zacharias Cygnaeus und Assessor Henrik Adlercreutz in Borgä Familien‑

begräbnisse einrichten: Auf dem schönen Begräbsnisplatz südlich vom Eingangsweg nach rechts entstanden drei weißverputzte Steinbauten. Im Mittleren von diesen haben die Familien Rotkirch, Cygnaeus und Adlercreutz ihre Gräber. Nach Osten hin die Rotkirch, in der Mitte die Cygnaeus und nach Westen hin die Adlercreutz.

Als Wenzel Fredrik 1814 auf Stensböle starb, erbte sein Sohn Carl Fredrik (11.226) (vgl. Kap. III,2) den Besitz. Er erbaute das neue, bis in die Gegenwart erhaltene Herrenhaus. Von Carl Fredrik, der nach langjährigem Hof- und Staatsdienst, 1830 in den Freiherrenstand erhoben, 1832 in Wasa-Stadt starb, ging Stensböle auf seinen Sohn Berndt Adolf (11.303) (vgl. Kap. TI1,2) über. Zu dessen Zeit wurde die Gastfreundschaft auf Stensböle besonders gerühmt. So kam es auch zur Begegnung mit dem finnländischen Dichter Johan Ludwig Runeberg mit dem Berndt Adolf und seine fein gebildete Frau Wilhelmina Sofia Aminoff eine lebenslange Freundschaft verband.

Mit Berndt Adolfs Tod erlosch der freiherrliche Zweig der Familie Rotkirch. Seine jüngste Tochter, Emilie Therese Sophie (I1.356), übernahm Stensböle. Sie vermählte sich 1875 mit Fredrik Abraham Segersträle, einem umsichtigen Landwirt. Nach seinem Tod am 4. Dezember 1902 in Stensböle, führte Therese Sophie den Besitz mit kluger Umsicht und großer Sorgfalt weiter. Als sie am 4. Juni 1927 starb, ging Stensböle durch Erbschaft in den Besitz der Familie Dr.med. Edvard Wallensköld über, dessen Witwe es verwaltet.

Das Haus enthält immer noch die wertvolle alte Einrichtung und kostbare Sammlung von Gemälden. Viele von diesen, vor allem Familienportaits, von der bekannten Portraitistin Mathilde Wilhelmina Rotkirch gemalt.

Stensböle, Gartenseite.

Foto: Signe Brandör, Helsingfors 1910.

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