Rothkirch

Das Haus in Rothkirch

Wählt man, von der alten Reichsautobahn Berlin-Breslau kommend, den Abzweig nach Liegnitz (Legnica), so biegt ca. 1 Kilometer nördlich der Autobahn ein Weg links ab nach Rothkirch (Czerwony Kosciole). Ungefähr am südlichen Ortsanfang liegt die alte Majoratskirche, am nördlichen Ortsausgang dann das Herrenhaus mit den Gutsgebäuden. Wann Rothkirch gegründet wurde, liegt im Dunkel der Geschichte. Möglicherweise geschah dies im 12. Jahrhundert, während der Wiederbesiedelung Schlesiens. Unsere Familie führt ihren Namen auf diesen Ort zurück.

Rothkirch wurde nach 1241, der Schlacht von Wahlstatt, von unserem Urahn gestiftet. Bereits die ihm folgende dritte Generation verkaufte im 14. Jahrhundert ihren Stammsitz wieder. Nach ungefähr 400 Jahren erwarb ihn Hans Siegismund (1.273) 1777 zurück. Sein Sohn Friedrich Carl Heinrich (1.368) stiftete dann das Majorat, das am 13. April 1841 durch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen bestätigt wurde.

Der Bauherr des noch heute bestehenden Hauses war Hans Siegismund (1.273). Er ließ 22 Jahre nach Erwerb des Stammsitzes im Jahr 1794 ein neues klassizistisches Gutshaus errichten. Hiervon kündet bis 1987 über der Eingangstür eine Inschrift.. Hans Siegismund wählte als Architekten für sein neues Haus Carl Gotthard Langhans, der sich gerade wieder in Schlesien niedergelassen hatte.

Langhans entwarf ein 11-achsiges, 1 ½ geschossiges Gebäude mit gebrochenem Walmdach. Über dem niedrigen, als Sockel ausgebildeten Kellergeschoss erhebt sich das Hauptgeschoss mit seinen hochrechteckigen Fenstern mit hell abgesetzten, verputzten Rahmen und ehemals darüber angebrachten stuckierten Girlanden. Über dem Hauptgeschoss, von diesem optisch durch ein Stockwerkgesims getrennt, setzt ein Halbgeschoss mit kleinen querrechteckigen ebenfalls hell gerahmten Fenstern den Aufbau der Fassade fort. Hierhinter verbargen sich, analog der klassischen Architekturtheorie die untergeordneten Schlaf- und Gästezimmer. Abgeschlossen wird die Fassade durch das leicht ausladende Kranzgesims, das zum Dach überleitet. Der in der Mittelachse liegende Eingang wird durch eine von vier ionischen Säulen getragene Portikusarchitektur mit antikischem Dreieckgiebel betont. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ließ Hans Siegismund Friedrich (1.446) dem in seinen Proportionen sehr fein ausgewogenen Haus einen seitlichen Anbau anfügen. Dieser übernimmt sowohl die Architekturgliederung als auch weitgehend den Stil des Haupthauses, stört jedoch etwas die Proportion.

Das Haus war ursprünglich hellrosa verputzt mit elfenbeinfarben abgesetzten Architekturgliederungen. Langhans unterstützte so die elegante Leichtigkeit des Baus. Heute ist das alte Herrenhaus in einem dunklen Ockerton gestrichen, die Säulen dunkelrot, deren Kapitelle weiß, ebenso die Fenstereinfasungen. Die horizontalen Stockwerkgesimse dagegen hat man braun abgesetzt.Die Stuckgirlanden über den Fenstern fehlen. Das Haus in leidlichen Zustand wurde bereits mehrfach mit

wechselndem Erfolg restauriert. Im Innern gibt es allerdings nur noch Spuren der ehemals sehr eleganten Säle. Das Gebäude dient als Wohnhaus für Landarbeiter. Der Gutshof wird nach wie vor bewirtschaftet. Einzelne Gebäude wurden renoviert und heutigen landwirtschaftlichen Erfordernissen angepaßt.

Die Patronatskirche

Ungefähr in der Mitte des kleinen Ortes liegt südwestlich der Hauptstraße die kleine ehemalige Patronatskirche mit dem sie umgebenden Friedhof. Spuren deuten auf einen romanischen wehrhaften Ursprungsbau mit starken Umfassungsmauern. Zur Zeit der Gotik baute man das breitere Hauptschiff an. Vielleicht waren unsere Vorfahren als Patronatsherren hieran beteiligt. Das heutige äußere Bild der Kirche läßt sich wesentlich auf das 17. und 18. Jahrhundert zurückführen, die Zeit des Barocks.

Dieser Bau hat ein zweigeschossiges, einschiffiges Langhaus. Im Osten fügt sich der im Grundriß quadratische, etwas schmalere Chor an, der im Inneren mit einem hohen spätgotischen Kreuzrippengewölbe versehen ist. Chor und Langhaus sind einheitlich mit einem Satteldach und Ziegeln bedeckt. Über dem Chor ersetzt ein hölzerner großer Dachreiter mit geschwungener, barocker Dachhaube den Glockenturm. An den Chor fügt sich im Inneren eine niedrige, halbrunde außen eckig ummantelte Apsis mit dem Altar an, die auf einen kleinen romanischen Ursprungsbau hindeutet. Am Westteil der Kirche gibt es eine kleine Eingangshalle, die erst im Sommer 1914 unmittelbar vor Beginn des 1. Weltkrieges hinzukam. Damals ist die Kirche gründlich renoviert worden. Von der Eingangshalle führt der Weg hinauf zu den Emporen, die sich von außen durch die doppelstöckigen barocken Fenster verraten. Im Inneren zeigt sich die Kirche als typisch protestantischer Bau mit seitlichen und rückwärtigen Emporen und hochgebauter Kanzel. Hierdurch konnte die Gemeinde von allen Plätzen den Gottesdienst gleichgut verfolgen. Im Westen war die Empore sogar zweigeschossig, dort befand sich die ebenfalls 1914 erneuerte Orgel. Der Altar war ein einfacher barocker Aufbau mit Gemälde und flankierenden gedrehten Säulen. Zur Ausstattung gehörte u.a. ein gläserner Kronenleuchter. Die Kirche besaß bis zur Reformationszeit ein wundertätiges Marienbild, das von vielen Wallfahrern besucht wurde. Heute ist sie außen rosa angestrichen mit weißen Fenstereinfassungen. Die innere Ausstattung hat sich zum Teil erhalten.

Der die Kirche umgebende Friedhof enthältt heute nicht mehr die alten Grabdenkmäler. Die ehemalige Familiengruft existiert jedoch noch. Ihr oberirdischer Teil wurde nach dem 1. Weltkrieg von der Gemeinde erworben und dient seither als Gedenkhalle für die Gefallenen.

Haus Rothkirch. Aus: Alexander Duncker, Dunckersches Schlösseralbum, Berlin o.J.

Haus Rothkirch. Foto: Leopold Graf Rothkirch 1988.

Literatur:

H. Bürgel: Rothkirch und die rote Kirche. In: Liegnitzer Heimatbrief Nr. 4, 25.2.1965 Josef von Gblitschek: Schlesien – Land der Schlösser. Mannheim 1978.

Dr.lIngo Weczerka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Schlesiens. Stuttgart 1977.

Elfriede Springer: Rothkirch. In: Liegnitzer Tageblatt o.0, o.J.

Sybille von Prittwitz und Gaffron verw. von Rothkirch (1.496): Bericht über das Haus Rothkirch. Unveröffentlichtes Manuskript 1976.

Rothkirch, Patronatskirche, Nordseite,
Foto: Leopold Graf Rothkirch, 1988.

Patronatskirche, Ansicht zum Chor,                           Rothkirch, Topographische Karte

Foto ca. 1935.                                                     1:25000

Hönigsdorf

Kreis Grottkau, Oberschlesien

Katholische Kirche     Topographische Karte 1:25000 Nr. 5369