Bärsdorf

von Dr. phil. Dorotheus Graf Rothkirch-Trach, 1990

Das Bärsdorfer Haus

Haus Bärsdorf-Trach nach Postkarte um 1910

von Dr.phil. Dorotheus Graf Rothkirch-Trach

Von Liegnitz aus führt der Weg nach dem westlich gelegenen Bärsdorf-Trach zunächst in Richtung Haynau (Chojnow). In Steudnitz (Studnica) biegt man vor der Kirche rechts ab in Richtung Arnsdorf (Milkowice). Von dem Abzweig an gerechnet führt nach etwa 2,5 km hinter einer Bahnlinie der Weg nach links in Richtung Bärsdorf-Trach (Niedzwiedzice). Nach knapp 3 km biegt man an der Straßenkreuzung wieder nach links ab und fährt in das lange Straßendorf Bärsdorf-Trach hinein. Das Haus mit den Gutsgebäuden liegt linker Hand, etwa 1 km hinter dem Ortseingang. Zur Kirche, die sich noch im Dorf befindet, führt der Weg über die Hauptstraße etwa 1 km parallel des Flüßchens Deichsa weiter in Richtung Ortsausgang.

Die Besitzverhältnisse von Bärsdorf sind vor 1700 nicht genau zu klären. Sicher ist jedoch, daß Bärsdorf sehr alter herrschaftlicher Besitz ist. Dies belegen Grabplatten, die Lothar (1.414) als letzter Besitzer von Bärsdorf 1939/40 im Boden der Kirche fand. Er ließ diese Platten damals an den Wänden der Kirche anbringen. Die bildlichen Darstellungen, Wappen und Inschriften gaben Auskunft darüber, dass bis ins 16. Jahrhundert immer wieder Rothkirchs zumindest in die Besitzerfamilien eingeheiratet hatten. Leider sind diese wertvollen Geschichtsdokumente nach dem zweiten Weltkrieg zerstört worden. Bärsdorf hatte lange Zeit der Familie v. Busewoy gehört. Zwischenzeitlich war es in kirchlichem Besitz.

Im 18. Jahrhundert kam Bärsdorf in den Besitz der Freiherren v.Trach und dann in den der Rothkirchs. Der Übergang des Trach’schen Besitzes in den der Rothkirchs ist kompliziert, weswegen er hier kurz geschildert werden soll: Mit der 1770 geschlossenen Ehe zwischen Johann Wenzel Freiherrn v. Trach und Charlotte Eleonore v. Rothkirch (1.241) hatte wieder eine Rothkirch nach Bärsdorf eingeheiratet. Für beide war es die zweite Ehe. Die Tochter von Johann Wenzel, Helene Henriette aus seiner ersten Ehe mit Helene Caroline v. Malzahn, heiratete 1745 Johann Friedrich v. Rothkirch (1.244), den Bruder von Charlotte Eleonore. Hierdurch begründet sich die lange und doppelte verwandtschaftliche Beziehung der Rothkirchs zu den Trachs. Helene Henriette starb jedoch 1756 mit nur 36 Jahren. In zweiter Ehe vermählte sich Johann Friedrich mit Juliane v. Rothkirch (1.312) a.d.H. Schottgau. Der Ehe entstammten sieben Kinder, darunter die Söhne Dorotheus (1.298) und Ernst Wolfgang (1.300). Da die Ehe seines Schwiegervaters erster Ehe oder auch Schwagers, Johann Wenzel v. Trach, kinderlos geblieben war, adoptierte dieser noch in seinem Todesjahr 1767 seinen Schwiegersohn Johann Friedrich (1.244), der seitdem den Namen Freiherr v. Rothkirch und Trach trug. Johann Wenzel wollte hiermit über seinen ein Jahr zuvor geborenen Stief-Enkel Dorotheus (1.298) Bärsdorf unserer Familie erhalten. Um dieses noch zu untermauern, hatte er in seinem Testament das Fideikommiß für die Herrschaft Bärsdorf errichtet. Der Fideikommißbesitzer hat unter seinen Söhnen die freie Wahl des Nachfolgers. Das Fideikommiß wurde 1790 durch König Friedrich Wilhelm II. von Preußen bestätigt. Seitdem trägt dieser Zweig unserer Familie den Namen Freiherrn v. Rothkirch und Trach. Da Dorotheus im Jahr 1801 mit 35 Jahren kinderlos starb, erbte sein Bruder Ernst-Wolfgang (1.300) den Besitz. Nach diesem waren die Besitzer bzw. Erben dessen Nachkommen Leopold (1.339), Dorotheus (1.380), Lothar (1.414) und Wenzel (1.469).

Johann Wenzel v. Trach bewohnte zunächst das später sogenannte Schlössel. Ob er auch dessen Bauherr ist, läßt sich nicht mehr zurückverfolgen. Dieses ursprüngliche Herrenhaus ist ein barocker eingeschossiger symetrischer fünfachsiger Bau mit recht hohem, ausgebautem gebrochenem Krüppelwalmdach. Neben der einfachen Eingangstür befindet sich seitlich je ein Fenster. Über der Tür betont ein kleines Dachhäuschen mit verputzter Fassade und hochovalem Fenster die Mitte. Zum Garten finden wir statt 2 nun 4 Fenster und wieder in der Mitte der Fassade die Tür und im Dachbereich darüber ein Dachhäuschen. Das Dach ist natürlich ausgebaut, was an beiden Flanken durch je 2 Fenster im Obergeschoß dokumentiert wird. Dieses recht einfache, doch wohnliche Herrenhaus diente bis 1897 Dorotheus (1.380) und seiner Frau Amelie geb. v. Gersdorff als Nebenwohnhaus. Noch 1881 hatte er es im Stil des Biedermeier mit wertvollen Möbeln einrichten lassen. Kurz nach 1897 funktionierte Lothar (1.414) das harmonische, wenn auch recht kleine ehemalige Herrenhaus bis auf einige Gästezimmer im Obergeschoß zum Waschhaus um. Heute wohnt dort der polnische Verwalter. Das Haus ist in baulich gutem Zustand.

Neben diesem ursprünglichen Herrenhaus, dem sogenannten Schlössel, stand bis 1866 ein einfaches Nebengebäude aus Fachwerk. An dessen Stelle ließ Dorotheus (1.380) einen repräsentativen zweigeschossigen, mit sieben Fensterachsen versehenen symmetrischen Bau im Stil der Neurenaissance errichten. Wahrscheinlich steht der Neubau im Zusammenhang mit der 1861 erfolgten Erhebung Dorotheus’ in den Grafenstand. Das Aussehen dieses Baues folgt dem Stil der damals modernen städtischen Villen. Dorotheus ließ seinen uns unbekannten Baumeister einen in der Anwendung der verschiedenen Stilelemente in sich stimmigen und konsequenten Bau errichten. So befanden sich z.B. im Erdgeschoß bzw. Sockelgeschoß untergeordnete Räume sowie der Eingang. Äußerlich wurde dies kenntlich gemacht durch aus Putz nachgemachte Quadersteine, die bei echten Renaissancebauten jeweils den Sockel eines Bauwerks schmücken, der auch dort die untergeordneten Räume und den Eingang enthält. Das ebenfalls wie bei echten Renaissancebauten die repräsentativen Räume beinhaltende Hauptgeschoß war glatt steinfarben verputzt mit deutlich höheren Fenstern, die alle eine aufwendige Giebelbekrönung trugen. Das mittlere Fenster über dem Eingang wurde von zwei Pilastern, deren Kapitelle als Menschenbüsten geformt waren, gerahmt. Die Pilaster trugen ein gerades Gebälk mit plastischer antikischer Bauzier. Im Dach betonte ein großes dreifenstriges Dachhaus mit Dreieckgiebel und Rundbogenfenster die Mitte. Hierüber erhob sich auf dem Dach ein hoher Dachreiter. Zur anderen Seite, also zum Park hin, öffnete sich die Architektur deutlich. Dort gab es im Prinzip eine ähnliche Gliederung wie an der Frontseite; der Eingang fiel allerdings deutlich größer aus, womit die Hinwendung zum Park ausgedrückt werden sollte.

Im Jahr 1881 erweiterte Dorotheus sein neues Haupthaus durch einen über Eck angefügten, nun im barocken Baustil gehaltenen und sich damit deutlich absetzenden Trakt. Dessen Äußeres ließ er konsequenter Weise einfacher gestalten, da der Anbau für untergeordnete Räume, wie Küche etc, vorgesehen war. Beide Gebäudeteile ließ Dorotheus durch einen aufwendigen fünfgeschossigen Turm verbinden, für den er den Übergangsstil zwischen Renaissance und Barock bestimmte. Hiermit dokumentierte er bereits im Äußeren dessen Verbindungscharakter. Der Turm wurde gleichzeitig neuer Haupteingang, womit sich seine aufwendige Architektur begründet. Eigentlich war der neue Eingang eine Durchfahrt, genannt die Halle. Links ging es durch eine Glastür ins Haupthaus, rechts in das Nebengebäude. Über der rundbogigen Vorfahrt befindet sich noch heute – 1989 – das Rothkirch-Trach’- sche Wappen. Der Turm diente in seinem Obergeschoß als Wasserreservoir und mit einem Balkon als herrlicher Aussichtsplatz. Das neue Herrenhaus war allerdings nicht unterkellert. Hierdurch ließ es sich im Herbst und Winter nur sehr schwer heizen und trocken halten. Das ist der Grund für die Tatsache, daß sein Bauherr Dorotheus das Schlössel zusätzlich als Wohnhaus weiter nutzte.

Das ursprüngliche Haupthaus ist heute bis auf das Erdgeschoß abgetragen. Der Anbau sowie der Turm existieren jedoch noch. Beide sind gelb und braun angemalt und dienen als Wohnhaus. Von den ehemaligen, östlich des Hauses gelegenen Hofgebäuden sind fast alle erhalten. Der alte Park mit seinen Teichen ist total verwildert und läßt sich nur noch erahnen.

Die Patronatskirche von Bärsdorf

Die ehemalige Patronatskirche liegt am Ortsausgang inmitten des Friedhofs. Sie ist eine einfache schmucklose Kirche aus der Frühzeit der Besiedelung Schlesiens. Einzelne Bauteile stammen aus der Frühgotik oder sogar Romanik. Dies zeigen z.B. die an den vier Ecken des Langhauses befindlichen Strebepfeiler sowie die wuchtigen Mauern. Turm und Langhaus sind mit hohen, ziegelgedeckten Satteldächern versehen. An der westlichen Außenseite ungefähr in der Mitte des Langhauses befindet sich noch heute das Wappen der ehemaligen Patronatsherren v.Busewoy. Auf dem Friedhof sind sämtliche Gräber eingeebnet. Es existiert allerdings noch, westlich der Kirche, das ca. 1.50 m hohe steinerne Grabkreuz des letzten Patronatsherren Lothar (1.414) und seiner Frau Louise geb. v.Tiedemann. Die deutsche Inschrift aus dem 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes: „Die Liebe höret nimmer auf.“ ist erhalten.

Haus Bärsdorf-Trach nach Postkarte um 1910

Haus Bärsdorf-Trach, Eingangsseite,
Foto um 1930

Haus Bärsdorf-Trach, Eingangsseite, Foto von Leopold Graf Rothkirch, 1988

Bärsdorf-Trach, sogenanntes Schlössel,

Foto Leopold Graf Rothkirch, 1988




Bärsdorf- Trach, Patronatskirche von Süden mit Grabkreuz Lothar Graf Rothkirch,
Foto Leopold Graf Rothkirch, 1988.

Bärsdorf-Irach, Topographische Karte 1:25000.