Panthenau

von Dr. phil. Dorotheus Graf Rothkirch-Trach

Das Panthenauer Haus

Panthenau, Dunckersches Schlösseralbum

Von Liegnitz aus führt der Weg nach Panthenau (Patnow) in Richtung Haynau (Choinowa). In Steudnitz (Studnica) biegt man gegenüber der Kirche nach links ab Richtung Südwesten. Etwa 2,5 km nach dem Ortsausgang von Steudnitz gibt es eine gut ausgeschilderte Straße nach Pohlsdorf (Pawlikonice), die ebenfalls nach Panthenau führt. Man kann auch von der Autobahn Berlin-Breslau kommend die Ausfahrt Baudmannsdorf (Budziwoiow) wählen und in Richtung Osten über Baudmannsdorf, Gohlsdorf (Golocin) nach Panthenau gelangen. Panthenau ist eine kleine Ansiedlung von Häusern, nicht als Ort zu bezeichnen.

Das Gut mit dem Haus kam im Jahr 1771 in den Besitz unserer Familie. Vorher gehörte es unter anderem den Freiherren v. Busewoy, den Grafen v. Frankenberg-Ludwigsdorf und den Herren v. Bergfeld. 1771 erwarb Charlotte Eleonore v. Rothkirch (1.241) das Gut von den Freiherren v. Kottwitz. Charlotte Eleonore war eine verwitwete Freifrau v. Trach und verwitwete v. Schweinichen. Ihr Bruder, Johann Friedrich v. Rothkirch (1.244) hatte 1745 Helene Henriette v. Trach, die Tochter aus der ersten Ehe ihres Mannes Johann Wenzel Freiherr v. Trach und der Helene Caroline v. Maltzan geheiratet. Hierdurch entstand die doppelte und vor allem sehr enge Familienbeziehung zu den Freiherren v. Trach. Da Charlotte Eleonores Ehe mit Johann Wenzel Freiherrn v. Trach kinderlos geblieben war, vererbte bzw. stiftete sie 1777 das Majorat Panthenau an ihren damals erst 8 Jahre alten Neffen Ernst-Wolfgang, den Sohn ihres Bruders Johann Friedrich und dessen zweiter Frau Juliane v. Rothkirch aus dem Hause Schottgau (1.312). Von nun an wurde das Gut stets an den ältesten Sohn vererbt; 1832 an Ernst Ludwig (1.336) und 1855 an Ernst Edwin (1.377); danach fungierte als zeitweiliger Verwalter des Majorats Ernst Leonhard (1.409). Der letzte Besitzer von Panthenau war Hans Siegfried (1.499).

Panthenau war ursprünglich eine Burg und lag westlich von Liegnitz an dem ehemals wichtigen Verbindungsweg zum Tal der Deichsa. Von der alten Burganlage sowie Nachfolgebauten hat sich jedoch nichts erhalten. Ernst Wolfgang (1.300) ließ 1795, kurz nach der Geburt seines ersten Sohnes, Ernst Ludwig (1.336), dem er Panthenau vererben wollte, ein neues repräsentatives, klassizistisches Herrenhaus errichten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wählte er als Architekten Carl Gotthard Langhans. Dieser war einer der bekanntesten Baumeister Preußens und Schlesiens und hatte sich 1794/95 gerade wieder in Schlesien niedergelassen. Während seiner Studienzeit hatte er intensive Reisen nach Italien, Frankreich und England unternommen, um dort die klassische Antike und auch moderne klassizistische Architektur kennen zu lernen. Von 1765 bis 1787 arbeitete Langhans als Baumeister in Schlesien. Dort ist eines seiner bekanntesten und auch frühesten Werke die Friedenskirche in Glogau; eines seiner letzten bevor er von 1787 bis 1795 nach Berlin ging. In Berlin wirkte Langhans als Direktor des Hofbauamtes. Sein bekanntestes Bauwerk ist dort das zwischen 1789 und 1795 entstandene Brandenburger Tor.

Da Langhans um das Jahr 1795 für unsere Familie das Mausoleum in Schottgau und das Haus in Rothkirch erbaute, ist es wahrscheinlich, dass auch Ernst Wolfgang ihn als Baumeister wählte. Hierfür sprechen auch Stilvergleiche.

Postkarte, ca. 1912

Für das Haus in Panthenau entwarf Langhans einen 11-achsigen, typisch klassizistischen Bau mit Walmdach. Das niedrige Kellergeschoß bildete er als Sockelzone aus. Darüber errichtete er das Hauptgeschoss mit seinen repräsentativen Räumen und Sälen. Den in der Mittelachse liegenden Haupteingang betonte er durch einen leicht vorspringenden Portikus, dessen sechs ionische Säulen bis in das nächste Geschoss hinauf reichten und über dem Gebälk einen antikischen Dreieckgiebel trugen. Eine Freitreppe führte durch den Portikus zum Haupteingang. Seitlich desselben befanden sich je vier rundbogige Fenster, darüber, durch kleine quadratische Fenster kenntlich gemacht, ein in der Gesamtarchitektur untergeordnetes Zwischengeschoss. Es barg folgerichtig die Schlaf-und Gästezimmer. Über dem Kranz- oder Dachgesims gab es, wie in der reinen klassizistischen Architektur üblich, eine Attika. Indem Langhans dieses aus der römischen Architektur übernommene Detail hinter dem Dreieckgiebel des Portikus wiederholte, verknüpfte er den Portikus mit der Fassade. Das Haus war ursprünglich hellrosa verputzt, die Säulen, Gesimse und Fenstereinfassungen weiß abgesetzt. Hiermit unterstützte Langhans die Leichtigkeit der damals recht modernen Architektur. 1892 erweiterte Ernst Edwin einen der nördlichen Seitenflügel.

Panthenau 2015

Heute (1989) stehen von dem einstigen architektonischen Kleinod lediglich noch die Umfassungsmauern. Man kann sie allerdings nur sehr schwer finden, da sie vollkommen zugewachsen sind. Von den ehemaligen Hofgebäuden haben sich wenige, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden, erhalten.

Die Patronatskirche

Die nur wenig vom Herrenhaus entfernte Kirche ist ein hell verputzter Bau mit Langhaus und westlich angebautem Turm. Das Langhaus trägt ein einfaches Zeltdach, der Turm eine geschwungene, barocke Haube. Wahrscheinlich liegen die Ursprünge dieser Kirche in der Gotik. Spätere Umbauten lassen sich an den einzelnen Bauteilen gut nachweisen. Heute stellt sich die Kirche als relativ gut erhalten dar.

Panthenau, Patronatskirche, Westseite. Foto: Leopold Graf Rothkirch, 1988

Die Kirche hat eine interessante Geschichte. Wolf v. Busewoy hatte als damaliger Patronatsherr im Jahr 1524 in sämtlichen Kirchen seines Patronats den evangelischen Gottesdienst einführen lassen. Am 15. März 1705 jedoch schloss der neue, katholische Patronatsherr Wolf Graf v. Frankenberg-Ludwigsdorf die Kirche und übergab sie eine Woche später den Katholiken. Natürlich verursachte das damals innerhalb der evangelischen Gemeinde große Unruhe. Eine Abordnung zog nach Liegnitz und forderte dort die Rückgabe der Kirche. Diese wurde jedoch nicht gewährt; stattdessen nahm man die Abordnung kurzzeitig in Arrest. Erst zwei Jahre später wurde die Bestimmung rückgängig gemacht und die Kirche diente bis 1945 wieder der evangelischen Gemeinde.

Vielleicht aufgrund dieser besonderen Geschichte wurde der Familienfriedhof nicht direkt an der Kirche angelegt. Er befindet sich ca. 800 m nach Süden vom Schloß entfernt. Um zu ihm zu gelangen, geht man über den ehemaligen Teich, der heute eine Wiese ist, an Eichen vorbei, bis sich rechts ein Feldgehölz auftut. Dies ist der alte Friedhof. Ursprünglich führte eine Allee am westlichen Parkrand entlang hierhin. In der Mitte befindet sich ein Grabstein mit Johanniterkreuz, der einzig noch von der alten Anlage zeugt. Es ist der Grabstein des 1927 verstorbenen Leonhard Rothkirch (1.409), Ehrenkommendator des Johanniterordens. Hinter dem früheren Familienfriedhof liegt heute ein polnischer Kinderfriedhof.

Panthenau, ehemaliger Familienfriedhof, Grabmal Leonhard Graf Rothkirch (I.409), rechts Leonhard Graf Rothkirch (I.540), Foto: Leopold Graf Rothkirch (I.500), 1988

Literatur:

Josef von Golitschek: Schlesien – Land der Schlösser. Mannheim 1978.

Dr. Hugo Weszerka: Handbuch der historischen Stätten Schlesiens Stuttgart 1977.

P.K.: Im alten schönen Schloßpark von Panthenau. In: Liegnitzer Heimatbrief 19 Nr. 7 April 1967.

Gisela von Wallenberg Pachaly geb. Gräfin von Rothkirch (I.457): Bericht über das Haus Panthenau. Unveröffentlichtes Manuskript, Celle 1976.

Alexander Duncker: Dunckersches Schlösseralbum, Panthenau. Berlin o.J.

Johann Adam Hensel: Protestantische Kirchengeschichte der Gemeinden in Schlesien. Leipzig und Liegnitz 1768.

Valerius Freiherr von Rothkirch (1.407): Stammbuch des Geschlechts von Rothkirch, Breslau, Joseph Max & Comp.

Leopold Graf von Rothkirch (I.500): Reisebericht. Mit Leonhard nach Polen, Schlesien und durch die Tschechoslovakei vom 3. – 12. Oktober 1988. Unveröffentlichtes Manuskript. Bonn 1988.

Gottfried Garbe: Die Kirche als Theather. Zum 250. Geburtstag des schlesisch-preußischen Baumeisters Carl Gotthard Langhans. In: Schlesischer Gottesfreund, 34. Jahrgang Mai 1983.